Um Kinder zu schützen, will Ernährungsminister Cem Özdemir die Fernsehwerbung für stark zucker-, fett- und salzhaltige Lebensmittel einschränken. Seine liberalen Koalitionspartner halten davon wenig.
Der Einfluss von Werbeschranken auf das Ernährungsverhalten und Übergewicht bei Kindern ist nicht belegt.
Fakt ist: Lebensmittelwerbung beeinflusst nachweislich das Ernährungsverhalten und die Kaufvorlieben von Kindern. Internationale Daten zeigen: In Staaten mit verbindlichen Werbeverboten ist der Junkfood-Verkauf in den Jahren 2002 bis 2016 um knapp neun Prozent zurückgegangen. In Ländern ohne solche Regelungen ist er im gleichen Zeitraum um knapp 14 Prozent gestiegen. Dass es noch keine belastbaren Studien zum Effekt von Werbung auf die Übergewichtsreduktion gibt, liegt allein daran, dass umfassende Werbebeschränkungen in anderen Ländern noch nicht lange in Kraft sind und repräsentative Daten zur Gewichtsentwicklung bei Kindern nur selten erhoben werden. Es ist aber wissenschaftlich klar belegt: Junkfood-Werbung führt zu mehr Junkfood-Konsum bei Kindern.
Die Finanzierung von Medien und Sport ist durch Werbeschranken in Gefahr.
Fakt ist: Weder Sport- noch Medienfinanzierung ist allein von der Werbung für Fett- und Zuckerbomben abhängig. Eine Auswertung der WHO zeigt, dass etwa für ein Drittel der Lebensmittel auf dem Markt weiterhin uneingeschränkt geworben werden dürfte – genau wie für alle anderen Produkte wie Körperpflege, Spielwaren, Möbel oder Versicherungen.
Bewegungsförderung und Ernährungsbildung sind bessere Ansätze, um Übergewicht zu bekämpfen.
Fakt ist: Die einseitige Fokussierung auf das Thema Bewegungsförderung ist ein Ablenkungsmanöver der Lebensmittelindustrie. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. So nennt die Weltgesundheitsorganisation sowohl Werbebeschränkungen und fiskalische Maßnahmen wie eine Limo-Steuer als auch Maßnahmen zur Steigerung körperlicher Aktivität als zentrale Ansätze zur Bekämpfung der Adipositas-Epidemie.
Es liegt in der Verantwortung der Eltern, für eine gesunde Ernährung der Kinder zu sorgen.
Fakt ist: Selbstverständlich liegt es in der Verantwortung der Eltern, für eine gesunde Ernährung der Kinder zu sorgen. Aber warum sollten Eltern weiter gegen eine milliardenschwere Werbeindustrie ankämpfen müssen, die mit perfiden Marketingtricks ihre Kinder auf allen Kanälen mit Junkfood lockt? Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein Grundrecht. Daher sollte die Gesundheit der Kinder durch eine Regulierung vor schädlichen Einflüssen geschützt werden, genauso wie es auch beim Alkohol- und Tabakwerbeverbot geschehen ist. Der Staat darf besonders solche Kinder nicht im Stich lassen, in deren Elternhaus eine gesunde Ernährung nicht gewährleistet ist.
Der Anteil der Kinder unter den Fernsehzuschauern zur abendlichen Primetime ist sehr gering.
Fakt ist: Kinder schauen laut Daten der AGF Videoforschung insbesondere abends Fernsehen. Jede dritte der von Kindern meistgesehenen Sendungen ist kein Kinderprogramm, sondern ein abends ausgestrahltes Sport- oder Unterhaltungsformat. Eine Untersuchung der Universität Hamburg hat gezeigt, dass TV-nutzende Kinder zur abendlichen Primetime im Durchschnitt fünf Werbespots für ungesunde Lebensmittel sehen.
Werbeverbote sind Bevormundung.
Fakt ist: Es geht nicht um Verbote von bestimmten Lebensmitteln, sondern um den Schutz der Kinder vor schädlichem Marketing – ähnlich wie beim Tabak- und Alkoholwerbeverbot. Kein Kind wird mündiger oder aufgeklärter, nur weil es mit Junkfood-Werbung bombardiert wird.
Das WHO-Nährwertprofil ist nicht umsetzbar und schließt bestimmte Produkte zu Unrecht von der Werbung aus.
Fakt ist: Das WHO-Nährwertprofil ist international anerkannt und explizit für die Regulierung des Kindermarketings entwickelt worden. Andere Länder wie Österreich und Portugal nutzen es bereits. Eine Auswertung der WHO hat ergeben: 27 Prozent der Lebensmittel dürften gemessen an dem kürzlich aktualisierten WHO-Modell weiter an Kinder beworben werden – so z.B. Kellogg’s Cornflakes, ungesalzene Reiswaffeln, Studentenfutter oder auch alle ungesüßten Tees und Erfrischungsgetränke. Man kann über einzelne Grenzwerte streiten, aber das ist kein Argument gegen das Modell als solches. Das Bundesernährungsministerium plant übrigens nationale Anpassungen des WHO-Profils. So soll auch die Werbung für Vollfett-Milch und für 100%-Säfte weiter erlaubt sein.
Ist ja nett und gut zusammengefasst, aber was interessieren eine Politiker, und dann och einen von der FDP, irgendwelche Fakten?
Das einzige, was die interessiert, ist, dass die Firmen, die sie vor sinnvoller und nötiger Regulation "schützen", genug rüberwachsen lassen, in Spenden und Pöstchen für später. Alles andere, inklusive der Wille und das Wohl des Wählers, geht denen so weit am A... vorbei, das kann man nicht mal mit dem Webb-Teleskop sehen.
Nee, sorry, aber "alle Politiker sind doof"-Bashing ist einfach Unfug, und der Artikel zeigt das doch auch mal wieder. Es sind nicht alle Politiker und Parteien gleich (auch wenn sie alle weit weg von perfekt sind).
Willst du etwa, dass die armen Pharmaaktionäre und Eigentümerr privater Krankenhäuser, wie die arme Milliardärin Elisabeth Mohn vom Bertelsmannverlag, ihre Dividenden nicht jedes Jahr steigern können?!
Können sie doch. Nur wird ihr deutlich leichter manipulierbares Gehirn weniger massiv durch Werbung manipuliert, sodass sie tatsächlich eher selbst entscheiden, als dass Nestle für sie entscheided Nestleprodukte zu kaufen.
Willkommen bei einer neuen Folge von "FDP blockiert Vorschlag der Grünen". Die Serie ist leider schon seit geraumer Zeit langweilig geworden. Es gibt keine Überraschungen, die Akteure machen immer exakt das, was man von ihnen erwartet. Leider läuft die Serie nicht bei Netflix, denn dann hätten wir vielleicht das Glück gehabt, dass sie nach einer Staffel abgesetzt wird.
Was jucken Kinder die Einschränkungen von Fernsehwerbungen? Können die sich nicht ein sinnvolleres Diskussionsthema suchen..
Edit: Was ich damit sagen will.. die meisten Kinder sind eher im Netz unterwegs und konsumieren keine privaten Fernsehsender. Was macht man dann mit diesem (wohl eher zeitgemäßen) Problem? Diese Art der Werbung auch auf allen Seiten die Kinder potenziell nutzen verbieten? Stell ich mir schwierig vor. Mmn führt die ganze Diskussion zu nichts.
Edit2: hab mich verlesen. Onlinewerbung ist auch betroffen
Es geht hier eher um die Kleinen, die noch nicht online sind, sondern Samstag/Sonntag morgens vor dem Fernseher hängen und irgendein "Kinder"-Programm glotzen mit gefühlt 50% Werbung.