✍ Petition: "Soziale Netzwerke als demokratische Kraft retten"
✍ Petition: "Soziale Netzwerke als demokratische Kraft retten"
Soziale Netzwerke als demokratische Kraft retten Nina George, Schriftstellerin, Ehrenpräsidentin European Writers’ Council (EWC) Foto: Heike Blenck Rocko Schamoni, Schriftsteller, Regisseur, Musiker, Künstler Foto: Kerstin Behrendt Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin,Bundesministerin der Justiz a. D.Foto...
Petition "Soziale Netzwerke als demokratische Kraft retten"
"An: Parteichefs und Fraktionsvorsitzende der demokratischen Parteien im Bundestag, die Ministerpräsident*innen der Länder und die EU-Kommission:
Das freie Internet wird abgeschafft – es wurde von den Big-Tech-Monopolen übernommen. Die wachsende Dominanz von Plattformkonzernen wie Meta, X oder ByteDance (TikTok) für Information und Austausch führt zu einer Konzentration von Meinungsmacht, die unsere Demokratie gefährdet.
Im digitalen Raum lenken wenige vorwiegend US-amerikanische und chinesische Tech-Konzerne Information und öffentliche Debatte. Deren Plattformen erlauben keinen ungehinderten Zugang: Denn Nutzende müssen für diesen Zugang persönlichste Daten preisgeben. Gleichzeitig filtern Algorithmen intransparent, was Nutzende zu sehen bekommen und was nicht – Algorithmen, die einzig den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie folgen, befreit von Gemeinwohlorientierung und journalistischen Qualitätsansprüchen. Mit einer Flut von Hass, Häme, Hetze und Desinformation zersetzen wenige Monopolplattformen unsere Demokratien und gefährden jeden Menschen.
Unabhängige Angebote verlieren derweil auf eigenen Verbreitungswegen zunehmend ihr Publikum und ihre Finanzierungsgrundlage: Journalismus wird zum Verlustgeschäft, weil Big-Tech-Konzerne den Großteil der Werbeeinnahmen vereinnahmen. Journalistinnen und Medienunternehmen müssen sich und ihre Inhalte den Plattformen und deren Algorithmen unterordnen. Auch einzelne Kreative und weitere Akteurinnen geraten in wachsende Abhängigkeit.
Die rasante Einführung von generativer KI beschleunigt diesen Prozess: Nutzende haben kaum noch Anlass, Webseiten einer Originalquelle zu besuchen, weil KI-gestützte Suchmaschinen die Inhalte zusammenfassen – auf Basis intransparenter technischer Prozesse, die den Tenor oder Aussagen verändern, oft unter vielfachem Urheberrechtsbruch. Diese KI-Dienste sind dazu angetan, die Vormachtstellung der Plattformkonzerne zu zementieren und journalistische Medien weiter zu marginalisieren, bevor sie aussterben.
Wir sehen dringenden Handlungsbedarf für alle, für Unternehmen, Verbände, gesellschaftliche Institutionen und die Politik auf nationaler und europäischer Ebene.
Demokratiestärkende Angebote müssen ausgebaut werden, demokratieschädliche Plattformmonopole sollten ihre massiven Privilegien umgehend verlieren. Warum ist das wichtig? Rund 100 Akteur*innen aus Kultur, Wirtschaft und Medien haben sich zur Initiative Save Social zusammengetan. [1]
Gemeinsam schlagen sie zehn konkrete Schritte vor, um das Internet von der Dominanz der Monopolkonzerne zu befreien und alternative Plattformen für Information und Debatte zu stärken:
- Wir stärken Alternativen mit guten Inhalten: Mit öffentlichen Mitteln finanzierte Inhalte müssen vollständig zumindest auch auf diesen Plattformen verfügbar sein, denen offene und anerkannte Standards und Protokolle zu Grunde liegen. Politik, Behörden, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Bibliotheken, aber auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk werden verpflichtet, alle Inhalte ausnahmslos zumindest auch auf diesen Plattformen zur Verfügung zu stellen. Sie müssen eigene Angebote wie Mediatheken über Protokolle für diese Plattformen öffnen.
- Wir stärken Alternativen strukturell: Öffentliche Institutionen (Politik, Behörden, Universitäten, Bibliotheken, öffentlich-rechtlicher Rundfunk und weitere) produzieren heute mit hohem Aufwand exklusive Inhalte für Instagram, TikTok und weitere Monopolplattformen. Sie werden künftig verpflichtet, mindestens mit demselben finanziellen und strukturellen Aufwand in die Herstellung von Inhalten und deren Distribution für diese offenen Digitalplattformen zu investieren. In regelmäßigen Abständen prüfen Aufsichtsgremien, ob der Anteil des Aufwands für offenen Plattformen vergrößert werden kann, ohne die erforderliche Reichweite der Angebote zu gefährden.
- Wir investieren in die Entwicklung und Nutzbarkeit von Alternativen: Bund und Länder werden verpflichtet, ihre Investitionen in die Entwicklung und Stärkung dieser offenen Plattformen und Protokolle sowie Angebote auf Basis dieser massiv auszuweiten. Ziel ist dabei insbesondere, deren Bedienbarkeit zu verbessern, Wachstum durch ausreichende technische Infrastruktur zu erlauben und die Marktdurchdringung durch Marketing zu erhöhen. Zudem schaffen Bund und Länder Bürger*innengremien, die die Anforderungen an solche demokratiestärkenden Angebote festlegen und überwachen.
- Wir ermöglichen gemeinwohlorientierte Angebote: Für Betreiber demokratiestärkender Plattformen und Angebote wird ein Rechtsrahmen geschaffen, in dem diese gemeinnützig operieren können.
- Wir verbessern die Medienbildung: Bildungseinrichtungen, insbesondere Schulen und Träger von Medienkompetenz-Angeboten, werden verpflichtet, in erster Linie die Nutzung offener und demokratiestärkender Plattformen und Netzwerke zu vermitteln. Gleichzeitig wird die Nutzung von Hardware und Angeboten der Monopolplattformen in Bildungseinrichtungen eingeschränkt mit dem Ziel, diese möglichst ganz zu vermeiden. Zudem sollen Lehr- und Lerninhalte des staatlichen Bildungssystems auf offenen Plattformen zur Verfügung gestellt werden, sofern die Urheber*innen die nötigen Rechte eingeräumt haben.
- Wir schaffen Vielfalt und Transparenz: Für große Plattformen werden Marktanteilsobergrenzen eingeführt, bei deren Überschreitung Unternehmensteile veräußert oder Inhalt und Verbreitungsweg getrennt werden müssen. Eine Digitalsteuer für Tech-Giganten wird erhoben, um eine demokratiestärkende Informations- und Diskussionsinfrastruktur sowie Qualitätsjournalismus zu finanzieren.
- Wir öffnen Plattformen: Große Plattformen müssen offene Standards und Interoperabilität zwischen Angeboten einführen, damit Nutzende Inhalte herstellerunabhängig nutzen können und bei einem Angebotswechsel eigene Inhalte nicht verlieren. Ein solcher Angebotswechsel muss auch durch vollständige Download-Möglichkeiten eigener Inhalte erleichtert werden.
- Wir ermöglichen Sichtbarkeit: Monopolplattformen bestrafen heute Links, die auf Angebote außerhalb dieser Plattformen wie eigene Webseiten verweisen, beispielsweise durch geringere Reichweite oder weniger Sichtbarkeit. Solche Outlinks dürfen künftig in der Verbreitung von Inhalten nicht mehr zu einer Benachteiligung führen, damit Nutzende ohne Nachteile auf Angebote außerhalb der Plattformen verweisen können. Zur Überprüfung müssen große Plattformen ihre Algorithmen transparent offenlegen.
- Wir geben Communities echten Sinn: Unabhängige Aufsichtsgremien müssen die Einhaltung der oben genannten Maßnahmen überwachen mit dem Ziel, Monopolstellungen, strafbare Äußerungen und gezielte Desinformation und Wahlmanipulation einzudämmen. Die Plattformen müssen über mehrere Wege einfach erreichbare Ansprechpersonen beschäftigen, die bei Account-Sperrung, Hass oder Verleumdung schnell agieren.Wer Geld mit Inhalten verdient, muss Verantwortung übernehmen.
- Wer Geld mit Inhalten verdient, muss Verantwortung übernehmen: Bis heute dürfen Plattformen sogar strafbare Inhalte (Rassismus, Diskriminierung, Holocaustleugnung etc.) zu Geld machen. Das Haftungsprivileg für besonders große Plattformen kommt auf den Prüfstand. So, wie Medienkonzerne Inhalte presserechtlich verantworten, müssen Plattformen für ihre Inhalte Verantwortung übernehmen und haften.
[1] Zu den Unterzeichnenden gehören unter anderem:
die Musiker*innen Jan Delay, Dota Kehr und Sebastian Krumbiegel die Autor*innen Marc-Uwe Kling, Saša Stanišić, Nina George, Uwe Timm und Isabel Bogdan Journalist*innen wie Dr. Eckart von Hirschhausen und Nadia Zaboura der Unternehmer Sebastian Klein der Tech-Blogger Sascha Pallenberg die Gewerkschaften Deutscher Journalisten-Verband (DJV), Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di (dju), unisono (Deutsche Musik- und Orchestervereinigung e.V.) Freelens, der Berufsverband der Fotograf*innen sowie Greenpeace e. V. "