Hier eine Ergänzung zu dem Artikel aus diesem Post.
Anscheinend ist den Autoren [der Presse, Anm. v. OP], die irgendwelche Defizite bei der Justiz beklagen, nicht ansatzweise klar, dass sie mit ihren Forderungen den Rechtsstaat beenden und die Bananenrepublik ausrufen. Das gilt auch für die in anderen Leitartikeln geäußerte Forderung, Lindemann schon deswegen als schuldig zu betrachten, weil mehrere Frauen über die Medien Vorwürfe erheben. Nach dem Motto: Wenn mehrere etwas sagen, dann muss was dran sein. Was für ein absurder Gedanke.
Die belastenden Berichte klingen zwar schrecklich, trotzdem erfüllen die Erzählungen keine Straftatbestände.
Die Staatsanwaltschaft weist darauf hin, dass etliche der Aussagen sich gar nicht auf eigenes Erleben beziehen. Vielmehr berichten Frauen über Dinge, die sie von Dritten gehört haben.
"... zweiter Klasse" ist aber eine Bewertung und damit eben nicht wertfrei.
Dass es einem Unterschied zwischen Freispruch und einer Verfahrenseinstellung gibt ist klar, aber der Unterschied ist nicht, dass zweiteres ein zweitklassiger Freispruch wäre.
Schönes Beispiel für mangelndes Rechtsverständnis.
Die Verfahrenseinstellung ist insofern "zweiter Klasse", dass der rechtliche Schutz davor, irgendwann in derselben Sache nochmal von der Justiz behelligt zu werden, geringer ist als bei einem Freispruch. Das ist keine Aussage über die tatsächliche Schuld oder Unschuld des Beschuldigten.
Angenommen ich erzähle der Staatsanwaltschaft, dass du ein Kinderblut-trinkender Superreptoloid bist. Die ermitteln dann, stellen aber das Verfahren später ein weil es keine Beweise gibt.
Findest du es gut wenn es dann alle über dich erzählen, dass du "nur einen Freispruch zweiter Klasse" bekommen hast - obwohl die Behauptung völlig an den Haaren herbei gezogen war?
So funktioniert es einfach nicht, und das ist gut so. Nicht für Rammstein, sondern für uns alle.
Findest du es gut wenn es dann alle über dich erzählen, dass du “nur einen Freispruch zweiter Klasse” bekommen hast - obwohl die Behauptung völlig an den Haaren herbei gezogen war?
Die Behauptung, dass ich von dem Vorwurf nie rechtskräftig freigesprochen wurde, ist nunmal technisch korrekt (das gilt übrigens auch, bevor irgendwer überhaupt diesen Vorwurf erhebt). Es ist einfach eine ziemliche Nicht-Aussage. Die Behauptung, dass ich ein Reptiloid wäre, wird ggf. im Rahmen eines Verfahrens wegen übler Nachrede vor Gericht geklärt. Ich bin zuversichtlich, dass mein Gegner hier keinen Wahrheitsbeweis erbringen kann. Er darf es allerdings versuchen - was er gar nicht erst dürfte, wenn ich rechtskräftig freigesprochen wäre (so verstehe ich jedenfalls §190).